Vor einer der wichtigsten Messen des digitalen Marketings, der DMEXCO, werfen wir einen kritischen Blick auf den Fitness-Zustand der Website. Kann der Veranstalter mit der eigenen Domain die Kompetenz vermitteln, die man als Führungselement in der eigenen Branche voraussetzen sollte?
Bevor wir allzu technisch werden, möchten wir mit dem offensichtlichen beginnen …
In diesem Jahr neu: Hohe Kosten für den Eintritt
Wurde bislang kein Eintritt vom Messebesucher verlangt, so verhält sich dies in diesem Jahr etwas anders. Für „Frühbucher“ gilt zwar nach wie vor, dass diese kostenfrei auf die Messe gelangen, wer jedoch etwas später dran ist oder spontan einen Messebesuch anberaumt, für den könnte es teuer werden. So kann ein Ticket mit bis zu 399.- Euro zu Buche schlagen.
Die Kommunikation dieser Tatsache schien etwas problematisch. Es dürfte immer noch nicht zu jedem durchgedrungen sein, dass ein spontaner DMEXCO-Besuch kaum möglich ist. Wenn die neue Preispolitik am Messe-Eingang deutlich wird, dann ist es schon zu spät und der Ärger vorprogrammiert. Als Aussteller dürfen wir noch hinzufügen, dass wir nicht ausdrücklich vom Veranstalter informiert wurden, damit man vielleicht die eigenen Kunden informieren kann. Nicht nur ein Kunde hat sich auch am Telefon entsetzt über die Preispolitik geäußert. Sie riecht nach Abzocke.
Wer dann am Tag der Messe am Eingang steht und erst dort erfährt, dass er 399.- bezahlen soll, muss sich unter Druck entscheiden. Wer eine weitere Anreise hatte, wird in den sauren Apfel beißen müssen. Besucher vom letzten Jahr wurden auch nicht per Email informiert, zumindest wurde das in 2 Fällen so bestätigt. Man muss die Frage stellen, warum man nicht letztes Jahr die gehenden Besucher über die Änderung informiert hat. Vermutlich wurde die neue Preispolitik erst später entschieden?
Auch auf der Website gab es in dieser Hinsicht ein paar Probleme, denn man wusste offenbar nicht so recht, ob man dem Besucher ab dem 8. September nun 299 Euro, oder doch lieber 399 Euro Eintritt abverlangen sollte:
Update: Fehler wurde mittlerweile behoben (10:48). Schnelle Reaktion, Respekt!
Doch es kommt noch schlimmer. Direkt darunter wird nochmals ein Preis für 199.- exklusiv am 17. September angeboten. Gut, es dauert dann doch etwas bis man vermutlich versteht, was gemeint ist. Der 17. September ist der zweite Messetag, also kostet der zweite Messetag nur die Hälfte.
Hm, wenn man jetzt nur am ersten Tag hingeht, zahlt man dann 399.-?? Besucht man die Messe nur einen Tag, ist der zweite Tag dann billiger als das erste? Wird das irgendwo erklärt? Leider nein. Klickt man auf den Teaser auf der Startseite, kommt man direkt auf die Seite zur Registrierung, ohne weiterer Erläuterung der Preise.
Kann man das noch steigern? Man kann. Sucht man nach „dmexco tickets“ in Google, wird die Ticketsseite angezeigt, der Titel verspricht „Kostenfreie Tickets“. Vermutlich stammt der Titel noch vom letzten Jahr. Jedenfalls kann von kostenfrei keine Rede (mehr) sein.
Auf der Ticketseite sind die Preise und Datumsangaben korrekt. Die Screenshots oben stammen von der Startseite. Das zweite Teaserbild war zumindest bei Veröffentlichung dieses Artikels am 10. September morgens noch so wie abgebildet.
Eine Messe kann durchaus Geld verlangen, keine Frage. Die Internet World Messe tut es auch für den Kongress. Frühbucher sollen auch einen günstigeren Preis bekommen. Aber wenn man die Preispolitik ändert, warum dann so? Mit dieser Politik lässt man erwartungsgemäß Besucher ins Messer laufen. Man darf gespannt sein, ob es an den Eingängen zu Diskussionen kommt, und damit zu Staus.
Wir kennen keine andere Veranstaltung, die solche Preise macht. Ist das innovativ? Oder Abzocke? Vielleicht beides. Aber die Veranstalter sind ja nicht neu in dem Geschäft, die wissen, was solche Preise auslösen können.
Update (von Thomas Kaiser): Wir wurden informiert, dass Medienpartner der Messe dmexco nicht negativ über die Messe berichten dürfen. Daher ist das jetzt nachvollziehbar, warum diese neue Preispolitik nicht in den Medien kritisiert wird. Zumindest in den einschlägigen, da wohl viele eine Medienpartnerschaft haben. Kann die Messe offene Kritik nicht vertragen? Und die Frage ist, ob solche Verträge rechtlich ok sind? Das sieht nach Maulkorb aus. Doch in meinen Augen verliert die Messe dadurch mehr, als dass sie gewinnt. Ich meine, das ist sicherlich der falsche Weg.
SEO Check
Lässt man zunächst Forecheck über die Seite laufen, sieht man schon an den Ergebnissen ein desaströses Bild:
1.180 defekte Links deuten bei gut 45.000 Seiten nicht auf Flüchtigkeitsfehler. Aber auch die anderen Zahlen verheissen nichts gutes.
Internationale Ausrichtung
Kommen wir zu den technischen Aspekten einer Veranstaltung mit internationaler Ausrichtung. Höchst problematisch scheint hier die Verwendung einer .de-Domain, mit der sich kaum nennenswerte Platzierungen in ausländischen Suchergebnissen erzielen lassen. Das bestätigen auch die Sichtbarkeitswerte von Sistrix:
Auch in Österreich und der Schweiz lassen sich kaum relevante Platzierungen beobachten. Werfen wir noch einen Blick auf die englischsprachigen Suchergebnisse:
Wir würden hier erwarten, dass sich die Strategie des Veranstalters auch in seinem Online-Marketing widerspiegelt. Zwar können bei Google für den US- und den UK-Markt keine nennenswerten Platzierungen erzielt werden, allerdings sieht es in den deutschen Suchergebnissen ebenfalls nicht sonderlich rosig aus. Ein Grpßteil der platzierten Keywords befindet sich jenseits der ersten Suchergebnisseite:
Dabei handelt es sich jedoch meist um sehr spezifische Suchanfragen, die beim Suchenden unterstellen, dass er die Messe bereits kennt und lediglich navigationsorientierte Suchen durchführt. Damit wird die Website sicherlich nicht den Anforderungen an ein modernes Online-Marketing gerecht.
Doppelte Inhalte
Nun folgen ein paar Details mit Screenshots aus Forecheck. Die Darbietung doppelter Inhalte kann immer noch zu Problemen bei der Indexierung führen. Bei dmexco.de lassen sich unzählige Inhalte über unterschiedliche Adressen erreichen:
Ein solches „Duplicate Content“-Problem lässt sich in den meisten Fällen über die korrekte Implementierung einer Canonical-Empfehlung mildern, bzw. beseitigen. bei dmexco.de verzichtet man soweit allerdings auf eine solche.
Semantische Elemente
Elemente, wie Überschriften, der Seitentitel oder der Beschreibungstext (Description) besitzen eine besondere Bedeutung, da diese in der Regel auch in den Suchergebnissen erscheinen. Diese sollten in der Regel einmalig formuliert werden, damit die Inhalte der Zielseite eindeutig kommuniziert werden können.
Bei dmexco.de konnten wir mehr als 16.000 identische Beschreibungstexte finden, wobei sich eine Vielzahl mit der implementierten Ausstellersuche generiert werden:
In den meisten Fällen wurde auf die Formulierung einer Description jedoch ohnehin verzichtet:
Deutlich dramatischer sieht es bei wirklich nutzerrelevanten Seiten aus, bei denen durchgehend identische Seitentitel verwendet werden:
Zudem verzichten elementare Seiten auf eine Überschrift erster Ordnung <h1>. Dabei sollten diese in jedem Fall mit dem eingehenden Linktext, sowie dem Seitentitel der Seite korrespondieren.
Auf der anderen Seite finden sich jedoch auch viele Dokumente, in denen <h1> mehrfach definiert wird, obwohl man auf eine Mehrfachdeklaration verzichten sollte:
Mit einer solchen (Nicht-)Konfiguration semantischer Elemente wird großes Platzierungspotenzial über Bord geworfen.
Verbotene Techniken
Google empfiehlt den Verzicht einiger spezieller Technologien, weil sich mit deren Hilfe die objektive Bewertung von Inhalten untergraben lässt. Dazu gehört bspw. die Anwendung von Weiterleitungen, die auf Basis von Meta-Refreshs realisiert werden. Diese Art der Weiterleitung haben wir bei dmexco.de bspw. an einigen Stellen finden können:
Nutzerfreundlich
Natürlich muss ein Messeauftritt vor allem nutzerfreundlich sein. Allerdings: Ein Menü mit 11 Elementen widerspricht allen Usability Grundregeln.
Dadurch, dass die Website responsive ist, muss recht früh auf ein Drop-Down Menü umgeschaltet werden. Bis 1000px wird die Navigation gnadenlos umgebrochen:
Unter 100px ist es dann vorbei mit Lesbarkeit:
Gerade Tablet Benutzer, die in diese Größe fallen, werden sich ärgern. Denn der verfügbare Platz wird nicht genutzt. Das geht besser.
Zwar hat die mobile friendly Studie gezeigt, dass das ein typisches und häufiges Problem ist. Aber wir sprechen hier von einer Leitmesse der digitalen Werbeindustrie!
Man findet bei weiterer Suche jede Menge weiterer Probleme. So gibt es Seiten, die auf der deutschen Seite nur in englisch verfügbar sein (z.B. http://dmexco.de/2015/de/Cologne_Club.html)
Der Link im Menü Partner > Auslandsvertretung funktioniert nicht, es wird die Startseite angezeigt:
Und dabei haben wir uns nicht viel Zeit genommen, viele Probleme sind offensichtlich. Ja, wir sind Aussteller, Sie finden uns am Stand A012 in der Halle 8. Kommen Sie gerne vorbei. Wir sind gespannt.
Fazit
Wir haben mit der vorliegenden Analyse lediglich an der Oberfläche der SEO-Basics „gekratzt“ … und wurden bereits derart fündig, dass man bereits jetzt sagen kann: Gute Platzierungen für dmexco.de bei Google sind auch künftig nicht zu erwarten, wenn der Veranstalter nicht beginnt, hier seine Hausaufgaben zu erledigen. Von Glänzen auf internationalem Parkett wollen wir gar nicht erst sprechen. Doch ist es nicht genau das, was wir einer Messe solchen Kalibers künftig abverlangen müssen?
Wenn Zu-Spät-Gekommene nun um knapp 400 Euro erleichtert werden, dann kommt doch bestimmt genug zusammen, um eine vernünftige Online-Agentur zu beauftragen, die diese Defizite beseitigen kann. Welche Agentur das sein könnte? Nun, hier hilft bestimmt ein Blick in den eigenen Ausstellerplan. Es lohnt sich in jedem Fall …